Eine besondere Schwierigkeit im Führungsalltag zahlreicher Klinik-MVZ besteht erfahrungsgemäß darin, die ärztliche Leistung zu quantifizieren, und damit einer Bewertung zugänglich zu machen. Nicht selten kommt es in Bewertungsgesprächen mangels objektiver Bewertungsmaßstäbe hilfsweise zu subjektiven Einschätzungen, die von den Ärzten regelmäßig zurückgewiesen werden und im schlimmsten Fall zu Verärgerung und Konfrontation führen können.
Die Lösung besteht in der Anwendung von Kennzahlen. In der Praxis bewährt hat sich für eine grundlegende Bewertung der ärztlichen Leistungsmenge ein Set aus den drei Kennzahlen „Fallzahl“, „Abrechnungsfallwert“ und „Auszahlungsquote“. Welch wichtige Informationen sich bereits aus diesen Kennzahlen der 1. Kategorie ableiten lassen, illustriert ein Beispiel. Das in der folgenden Tabelle dargestellte Beispiel-MVZ hat sechs Ärzte aus vier verschiedenen Fachgruppen mit unterschiedlichem Versorgungsumfang angestellt.
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Der Urologe liegt bei allen drei Kennzahlen im grünen Bereich. Die von ihm behandelte Fallzahl liegt über dem Durchschnittswert der Fachgruppe Urologie. Zudem rechnet er hochwertiger ab (erkennbar am Abrechnungs-Fallwert) und seine Budgetauslastung ist mit einer hohen Auszahlungsquote von 93,5% für die Fachgruppe überdurchschnittlich gut. Dieser Arzt verdient zweifelsfrei eine Prämie, da er überdurchschnittlich zum Honorar des MVZ beiträgt – ein echter Leistungsträger.
Etwas anders sieht die Situation bei den Chirurgen aus. Beide Chirurgen behandeln für einen Versorgungsumfang von 25% überdurchschnittlich viele Patienten. Die abgerechneten Leistungen sind jedoch äußerst geringwertig. Die Abrechnungsfallwerte liegen nicht einmal bei der Hälfte des Fachgruppendurchschnittes. Dies ist ein deutlicher Hinweis auf fehlendes Operations-Volumen. Dieser Mangel wird auch nicht durch die nahezu vollständige Auszahlung der wenigen abgerechneten Leistungen (Auszahlungsquote bei Chirurg B = 100%) geheilt. Vielmehr deutet in diesem Fall auch die hohe Auszahlungsquote (eigentlich positiv) auf mangelnde Behandlungsintensität hin.
Der auf der vermutlich sehr teuren Zulassung arbeitende Kardiologe behandelt zwar verhältnismäßig wenige Fälle, rechnet aber überdurchschnittlich hoch ab. Offenbar wird ein hochwertiges Leistungsspektrum angeboten, welches zudem häufig im extrabudgetären Bereich angesiedelt ist.
Dringender Handlungsbedarf besteht in der Gynäkologie. Arzt A liegt mit allen Kennzahlen im unauffälligen Bereich. Gynäkologe D hingegen behandelt auf seiner vollen Zulassung nur etwa halb so viele Patienten wie seine Fachkollegen. Andererseits liegt sein Abrechnungsfallwert rund 60% über dem Fachgruppendurchschnitt. Hier ist die Diagnose eindeutig: Offenbar handelt es sich um einen hochspezialisierten Gynäkologen, dessen Leistungsspektrum sich deutlich von dem typischen Behandlungsspektrum der Fachgruppe abhebt. Häufig sind gerade solche Ärzte wichtige Umsatzbringer in einem MVZ. Die Auszahlungsquote liegt hier jedoch lediglich bei 56,7%. Dies bedeutet, dass nur jeder zweite abgerechnete Euro auch zur Auszahlung kommt, der Rest hingegen dem Budget zum Opfer fällt. Derart niedrige Auszahlungsquoten sind häufig ein Hinweis auf sogenannte Praxisbesonderheiten. In der Tat wird im vorliegenden Fall eine spezielle Patientinnenschaft betreut: Der Anteil der Patientinnen mit dem ICD-Code Z34 (Überwachung einer normalen Schwangerschaft) liegt bei 12,5% anstelle der fachgruppentypischen 3,2%.
Honorarkürzungen sind im Falle von Praxisbesonderheiten nicht unabwendbar. Denn die KVen haben in ihren Honorarverteilungsmaßstäben Regelungen zum Umgang mit Praxisbesonderheiten. Sind die Voraussetzungen erfüllt, kann die KV einem MVZ mit besonderer Leistungserbringung zusätzliches Regelleistungsvolumen (und damit Honorar) zuerkennen. Die Vorrausetzung hierfür ist natürlich, dass die Geschäftsleitung von einer Praxisbesonderheit weiß und einen entsprechenden Antrag stellt.
Fazit: Bereits wenige Kennzahlen können im Zusammenwirken mit den entsprechenden Fachgruppen-Benchmarks bedeutenden und ökonomisch relevanten Nutzen entfalten und Leistungsgespräch mit angestellten Ärzten auf eine objektive Basis stellen.